Sonntag, 27. Juni 2021

Freunde

 Hab ich keine. Der eine wartet im Grunde nur darauf, dass ich ihn mit Drogen versorge und sonst will man nix hören und nichts wissen. Den anderen sehe ich kaum noch, er antwortet mir nie und meine Probleme nimmt er nicht ernst. Miri ist ein Desaster.

Ich sitze hier und ich kann keinem meine Probleme erzählen. Ich bin allein.

Ja Hölle, da sitzt ein Glühwürmchen auf meinem Arm und Dutzende schwirren um mich herum, und selbst dieses schöne Ereignis kann und will niemand mit mir teilen.

Ich habe keine Lust mehr, immer nur der Saftsack, Sündenbock und Trottel vom Dienst zu sein. Ich habe keine Lust mehr konfliktscheu zu sein und eine keine Lust mehr mich ausnutzen zu lassen VON JEDEM.

Ich bin immer nett, ich bin freundlich, ich tu was ich kann für die, die mir wichtig sind, mit ganzer Kraft. Aber zurück kriege ich das nicht.

Wenn ich immer so gut bin wie ich kann, und am Ende des Tages doch nur der Arsch bin, dann brauch ich auch gar nicht mehr versuchen, kein Arsch zu sein.

Sie sollen alle meine Scheisse fressen. Ich melde mich bei niemanden mehr. Und vielleicht überrasch ich mich ja selbst und hänge mich endlich auf.

Es ist eh alles zwecklos geworden. Mit Miri sowieso, dass war heute wieder das beste Beispiel. ICH bin nämlich Schuld, wenn ihr Internet nicht geht. Da muss man gehässig werden. Da muss man reintreten, in mich. Mit mir konnte man es ja machen. Aber nicht heute.

Ausgerastet bin ich. Und nicht zum letzten Mal. Es ist Feierabend, Endcard, Schwanengesang. Wenn jetzt alles zugrunde geht, dann brauchts keine Rücksicht mehr, nur auf mich. Ich muss MICH endlich mal wieder mehr mögen als andere, und das machen sie mir leicht zur Zeit.

Fickt euch alle. Jeder Einzelne. Ihr seid alle Dreck, seid meine Spucke nicht wert, die ich euch verächtlich vor die Füße rotze und über euch lache. Ich hasse euch alle, dafür, dass ihr mein Leben überhaupt erst hassenswert gemacht habt. Aber es ist vorbei damit.

Ich töte euch alle, wenn es sein muss, jedem Einzelnen steche ich die Augen aus und ficke euch durch die Löcher ins Hirn, so wie man es Jahrzehnte mit mir tat.

Ich bin völlig außer mir. Nie war mir so klar vor Augen, dass ich für die ganze Bagage nur ein Fußabtreter bin, ein Drogenfinanzier, jemand, an dem man mal seinen Frust rauslassen kann, oder den man einfach mal vergisst/meidet.

Dann sorg ich mal dafür, dass sie alle immerhin einen Grund haben.

Freitag, 5. Februar 2021

Ich schulde dem Leben das Leuchten in meinen Augen

Ich hasse es stets, ein Klischee zu sein. Ich kann es nicht leiden, meine eigenen Handlungen als vorhersehbar für einen Hollywooddrehbuchschreiber wahrzunehmen. Ich kann es nicht leiden, nach einem offenbar vorgefertigten Paradigma, dass gesellschaftlich geprägt wurde, auf etwas zu reagieren. Und so stand ich vor dem Zwiespalt, meine eigene Person mal wieder als Klischee zu begreifen, als ich über Nietzsche stolperte. 

"Oh, ja, Nietzsche, ganz was Neues. Und sag bloß, das hat dich zum nachdenken bewegt? Ist ja nen Ding. Keinem zuvor passiert", flötet die Selbstkritik höhnisch in den Gehirnwindungen. Aber sei es drum.

Ich bin kein Experte, was Nietzsche betrifft, denn bisher habe ich immer nur Metatexte über Philosophen gelesen - und an Kants Prolegomena bin ich einfach glatt gescheitert. 

Doch nun bin ich über Nietzsches zweite unzeitgemäße Betrachtung gestolpert. Ich bin ein Mensch der exponentiellen Begeisterung. Wenn ich etwas aufnehme, in meinen Kosmos einfüge, dass einen Sinn ergibt über den vordergründigen, von öden Buchstaben geprägten Kern, also jenseits seiner Botschaft einen hörbaren "Klick"-Laut erzeugt, dann ergehe ich mich in Begeisterung über eben jenen neuen Baustein und prüfe alles, über das ich stolpere, auf seine Allgemeingültigkeit.

Nietzsche bemerkt völlig richtig, dass unterschiedliche Arten der Historie gibt. Er trennt dabei nicht wesentlich zwischen Historie, Geschichtswissenschaft und Volkstümelei, so scheint es mir zum Teil, aber er zeugt klassische, wie ich sagen würde, spätrömische Probleme auf - die Nationen, die sich auf dem Ruhm vergangener Tage ausruhen, die nichts erschaffen, weil schon alles erschaffen wurde, die nichts verändern, weil sie sich am Ende des Zeitstrahls wahrnehmen. Der Mensch hat immer viel Sinn, für das, was hinter einem liegt, und wenig für das, was kommt. Denn der überschaubare, rückwärtige Bereich ist so viel größer, länger, mächtiger als es unser Wissen über die Zukunft je sein kann, ist doch nicht mal der tägliche Bericht des Metereologen eine wasserdichte Angelegenheit.

Es lässt sich aber auch ganz hervorragend auf den Einzelnen übertragen. Jeder Mensch ist eine Verkörperung der Menschheit im Mineaturformat und so sammeln auch wir im Laufe unseres Lebens eine Historie an, die uns Lähmen kann - weil wir festhängen, im Vergangenen, die glauben, ihre besten Tage hinter sich zu haben, eben Menschen, die sich am Ende ihres Zeitalters wahrnehmen; ich selbst zähle ja auch dazu.

Nietzsche fordert die Überwindung eben dieses Paradigmas und ich übertrage auch das auf den Einzelnen: Historie bewahren, wo sie nützt, lehrt, produktiv schaffend, unterstützend tätig ist. Sie vergessen, vergessen machen, sie nicht gewichten, überall dort, wo sie Wachstum und Entwicklung hemmt, wo sie lähmt und an den Kräften zehrt, überall dort, wo Ängste und Hemmnisse uns von Glück abhalten.

Und so ist der Mensch selbst immer ein fraktales Abbild der Gesellschaft um sich herum, je mehr die Menschheit sich in Geschichte, Wortklaubereien und Verkopfungen verliert, desto weniger wird der Mensch sich vorwärtsbewegen, desto weniger verstehen, desto weniger menschlich sein.
Und natürlich stimme ich Nietzsche in seiner grundsätzlichen Einlassung nicht völlig zu - Geschichte zu erhalten, Chroniken zu führen, Spuren zu suchen entspringt ja gerade unserem Wunsch, Spuren zu hinterlassen; dem tiefinnesitzenden Wollen, dem Streben nach Unvergänglichkeit. Die tief in uns sitzende Gewissheit, dass eines Tages einmal unseresgleichen uns erforschen, wir wir unseresgleichen erforschten. Das verbindende Glied der Menschheit über die Jahrtausende ist die Geschichte und das Bewusstsein darum.

Und ich glaube im Gegensatz zu Nietzsche schon, dass sich gewisse Muster in der Geschichte erkennen lassen, ich glaube, dass man von Ereignissen früherer Zeiten schließen kann, welche Ereignisse in der Gegenwart möglich, unmöglich oder zumindest gangbar und ungangbar sind. Gott sei Dank wissen wir um den Holocaust, sonst könnte das glatt der nächste für eine gute Idee halten!

Sonntag, 31. Januar 2021

Statt Clara, III

 Es ist einer der schlimmsten Tage seit langem. Ich stürze in ein finsteres, tiefes, unaufhörliches Loch in mir selbst. Ich falle, immer schneller und immer tiefer und hoffe auf den Aufschlag, der Aufschlag, der mich zerschmettert und das Gefühl des freien Falls beendet.

Es ist ein wiederkehrendes Muster. Wann immer ich das Gefühl habe, auf den Endpunkt zuzusteuern, wenn ich mich durch meine tiefsten und dunkelsten Gehirnwindungen kämpfe, meine Dämonen mit hässlichen Fratzen an meinem Fenster vorbeiziehen, Grimassen schneidend und mich verhöhnen, wenn ich das Gefühl habe, den toten Punkt erreicht zu haben, dann schreit ein Teil nach dir. Immer nach dir.

Denn du kennst mich, du kennst meine Dämonen. Du kennst mich länger und tiefer als mein bester Freund. Ich habe dir alles gezeigt, so wie du auch mir. Ich weiß, dass du mich verstehst, wenn ich mich selbst nicht mehr verstehe. Und so zieht es mich auch jetzt in Gedanken zu dir, der einzigen, von der ich nie etwas hörte, was mir schadete.

Ich zweifle langsam. Ich zweifle an den Entscheidungen, die ich traf, die Weichen, die ich gestellt habe. Die Dinge, die ich aufgab, die, die ich aufnahm. Es stellt sich mir mehr und mehr die Frage, ob meine Situation nicht einfach die logische Folge falscher Entscheidungen ist. Denn bisher gab es unantastbare Überzeugungen in mir. Dinge, in denen ich den Fehler nie suchte, weil das Dogma es verbot.

Aber denke ich nach, so erkenne ich Optionen. Alternative Wege, die ich ausschlug, weil ich vom Dogma geblendet ihre Wirksamkeit nicht erwog. Jetzt zeigt sich, auch dass Dogma hat zu nichts geführt. 

Sie ist depressiv, schwer und zerstörerisch. Wir haben unser Kind verloren, und sie zugleich alle Hoffnung. Sie hat sich aufgegeben, so wie den Glauben an eine Zukunft. Ich selbst bin wegen dem, was passierte, ein Wrack. Ich habe meine eigenen Scherben noch nicht aufgehoben und schneide mich an ihren.

Ich stumpfe ab. Ich denke nicht mehr. Ich versuche nicht zu fühlen. Ich versuche nicht mehr "da" zu sein. Ich versuche, zu vermeiden. Alles zu vermeiden, die Realität auszusperren.

In mir tobt der Kampf des Determinismus gegen den Fatalismus.

Ich war stets Fatalist - unsere Aktionen und Handlungen simulieren nur einen Einfluss unsererseits auf das Endergebnis, das in Wahrheit schon lange und unumstößlich feststeht. Alles entwickelt sich auf diesen Punkt zu und je mehr man versucht, ihm aus dem Weg zu gehen, desto größer die Enttäuschung. Ich fand leicht zu beobachten, dass das Universum fatalistisch sei - der größte Fatalismus ist die Lebensspanne des Menschen an sich.

Nun aber frage ich mich, ob meine Entscheidungen, wie z.B. meine Heirat, zu dem Punkt führen MUSSTEN, an dem ich jetzt bin. Denn das bedeutet, dass ich erstens eine Eigenverantwortung an den Ereignissen habe und zweitens es voraussehbar war.

Wenn ich dieser Betrachtung zustimme, dann öffne ich dem Unheil Tür und Tor in meine Psyche. Denn dann müsste ich mich fragen, welche meiner Entscheidungen wohin geführt haben, welche man revidieren, welche rückgängig machen kann.

Und nun sitze ich hier, wissend, dass niemand außer mir das wirkliche Ausmaß des Scheißeorkans in meinem Leben abschätzen kann, dass mir deswegen niemand einen Rat geben kann, von dem ich ausgehen kann, dass er alle zu bedenkenden Faktoren einberechnet hat, und frage mich:

War meine frühe Heirat ein Fehler? War es naiv und blauäugig? Hätte ich es anders machen sollen? Hätte ich das alles auf mich nehmen sollen? 

Ich hatte ja alles - eigene Wohnung, eigenes Geld, Möglichkeiten zur Entfaltung allenthalben.

Und dennoch ist mir heute klar, dass es teils meine Komplexe, Sehnsüchte und tief innewohnenden Schäden waren, auch verursacht von meiner ersten Beziehung, dass ich die Gewissheit wollte, die Sicherheit, jemanden neben mir zu haben.

Und während ich nach wie vor glaube, dass ich das Ausmaß der Entscheidung schon irgendwie verstanden habe, bin ich mir manchmal nicht sicher, ob sie sich dessen auch bewusst war.

Und heute, heute leben wir seit 6 Jahren zusammen. Und ich weiß, ich gehe nicht. Nicht, weil ich nicht den Impuls hätte, nicht, weil ich nicht jede Menge guter Gründe hätte, zu gehen, nicht, weil ich mir nicht manchmal sehnsüchtig ein Leben in Ruhe und Einsamkeit vorstellen kann - sondern weil ich, wann auch immer, ein guter Ehemann bin. Weil ich gewisse Prinzipien habe.

Und die hat sie nicht. Nie würde ich meine Launen an ihr auslassen. Nie würde ich etwas sagen, nur im Bestreben, sie zu verletzen. Nie würde ich sagen, dass ich "nichts und niemanden" im Leben hätte - ich habe ja sie. Ich lebe  wann immer ich kann nach dem kategorischen Imperativ:

HANDLE NUR NACH DERJENIGEN MAXIME, VON DER DU WOLLEN KANNST, DASS SIE EIN ALLGEMEINES GESETZ WÜRDE.

oder für die dümmlichen:

WAS DU NICHT WILLST DAS MAN DIR TU, DAS MACH AUCH KEINEM ANDEREN ZU!

Das gelingt nicht immer, aber es gelingt mir immer bei ihr. Ich würde sie niemals so behandeln, wie ich selbst die Behandlung nicht ertrüge.

Umgekehrt ist das ein Pustekuchen. Im Gegenteil. An mir darf man kritisieren, obgleich es schon immer so war. An mir darf man seine Wut auslassen, obgleich ich nichts mit ihr zu tun habe.

Wenn sie toxisch ist, mir wehtun will um des Wehtunswillen, sagt sie ja gerne, ich würde mich für den besseren halten.

Die Wahrheit ist, ich bin seit langem der Bessere. Ich seziere jeden Streit und Disput in meiner Therapie. Und ich bin der, der rational handelt. Ich bin der, der deeskalierend wirkt. Ich bin der, der das anerkennende Lob bekam, dass selbst in meinen Momenten allergrößter Wut auf sie, ich noch immer ihre Position sehe, verstehe und vor mir selbst verteidige. Ich bin ein "Über-Ehemann", wie mir gesagt wurde. Nie geht ein Konflikt von mir aus, nie eine Aggression. Noch nie wollte ich eine Veränderung, nie ein anderes Verhalten erzwingen. Ich nahm sie, wie sie kam und nehme sie, wie sie jetzt ist.

Und mittlerweile weiß ich nicht mehr, ob ich mir nicht selbst dafür zu Schade bin, nicht die gleiche Behandlung zu bekommen, die ich gebe. Denn zur Zeit bin ich ihr Fußabtreter. 

Ich spiele wieder WoW und gehe mit meiner Gilde raiden. So auch kürzlich. Ob sie mitkommen wolle? Natürlich nicht. Sie war ja schon mit; aber wenn man ihr nicht den Arsch pampert und haarklein lobt, was sie gut macht, dann ist es ja nichts mehr für sie. Sobald nur ein bisschen Anspruch an sie gestellt wird, ist sie raus. 

Egal, kein Grund für mich, nicht trotzdem zu raiden. Das tat ich auch, wie angekündigt vom 19:30 bis 22:30. Madame ging demonstrativ um 17:45 ins Schlafzimmer. Ich nahm an, sie wolle schlafen; aus diesem Grund geh ich dorthin.

Um 23:00 empfing mich Madame wach und verließ das Schlafzimmer, als ich die Frage ob ich schlafen wolle, bejahte (überraschend, was?). Es entspann sich ein 4 stündiger Dialog via Chat, in dem ich nicht nur für mein angekündigtes und völlig alltägliches Verhalten kritisiert wurde (sie sei nicht meine Bitch, die auf mich wartet), ging es auch noch in die Zukunft (wenn ich arbeite, werde ich nur noch zocken und arbeiten) und natürlich bin ich fürchterlich öde und verantwortlich für ihr ödes Leben, weil ich keinen Freizeitbespaßungsplan für Madame ausgearbeitet habe und eigene Hobbys habe, zu denen sie sie zu finden nicht in der Lage ist.

Warum ich dann ihre Bitch sein sollte, die sich den ganzen Tag um die Beschäftigung einer Erwachsenen kümmern sollte, erschloss sich nicht. Es ging ohnehin nur darum, mich zu verletzen. Um nichts anderes - sie leidet, also darf niemand nicht leiden.

Ich weiß nicht mehr wohin. Manchmal wünschte ich, ich hätte mich Veltheim 2014 einfach an dich gehangen. Dann wären Riesenkelche an mir vorbei gerollt.

Ich kanns halt nicht mehr. Mein Leben war schon immer ein Trümmerfeld, doch jetzt ist es bis in die letzten Winkel verstrahlt und verseucht - nicht einmal meine Beziehung ist noch ein ruhiger Hafen in stürmischer See, die Kaimauer ist gebrochen und die Wellen lecken gierig an der Deichkrone.

Irgendwann, dann platzt der Knoten. Und dann knote ich mich auf. Es gibt einfach nichts mehr im Leben. Ich bin selbst zu depressiv um mit dem Hund zu gehen. Mein Leben verwest um mich herum.


Jede Nacht träume ich mittlerweile von dir. Nicht nur, auch anderen. Vielen Menschen aus meiner Vergangenheit. Und jeden Morgen wache ich auf, mit dem Gefühl, dich und sie alle durch mein Aufwachen getötet zu haben.

Wo auch immer du bist, ich werde dich immer ganz tief in meinem Herzen haben. Ich hoffe, Bernd hat dich damals gegrüßt.

Freitag, 29. Januar 2021

Wahn

 Es sind Tage, Nächte wie die heutige, die mich immer wieder zerschmettern. In denen ich stundenlang wach liege. Alleine, in innerem Aufruhr. Keine Ruhe in keinem Winkel. 

Und ich habe es nicht selbst verschuldet. Ich habe mich nicht anders verhalten als je zuvor. Ich habe mich meiner Natur gemäß verhalten.

Aber meine Natur ist falsch, wie mir stets nahegelegt wird. Stets dann, wenn die Auswirkungen des Auslebens meiner Natur unumkehrbar wurden, ich also schon in die Falle gegangen bin. Der Ärsche sind ja schon geleckt, also hinhalten und danke sagen.

Und ertragen, den ganzen hirnlosen, Selbstverantwortung negierenden Rotz, den sich das Wutköpfchen ausgedacht hat, ihn in unsinnig entstellter Reihenfolge mir an den Kopf zu knallen.

Bullshit, Ungerechtigkeiten, maßlose Übertreibung und der unbedingte Wille zu verletzen. Ich spucke Galle.

Ich ertrage das alles nicht mehr. In gar nicht langer Zeit habe ich Umgang mit Waffen. Führt kein Weg mehr dran vorbei. Ich brauch nur 4 Sekunden und meine geladene, gesicherte Waffe in meinen Kopf zu pumpen.

Was solls halt auch noch. Selbst wenn du dich bemühst, reicht es nicht. Weil es nie reicht, nie, nie, nie. Immer mehr und immer mehr und mehr. Aufsaugen, konsumieren, den eigenen Arsch gebuttert halten. Erwachsene, die sich in das Leben des Anderen einbringen? Fehlanzeige. Lieber die Schulhofromantik, die ist ein zukunftsträchtiges Modell.


Ich trete ab. Endgültig.

Donnerstag, 14. Januar 2021

Fühlst du dich?

 In Anlehnung an den vorherigen Post, hier nun mein zweites Gedicht. In diesem Gedicht habe ich erstmals - und das im Zuge meiner Therapie - versucht, die Gefühle und Zustände in meiner Kindheit in eine lyrische, verarbeitbare Form zu bringen. Ich habe versucht, meine Perspektive, die Motive, die Folgen und das ceterum censeo heraus zu arbeiten. Nannte ich "Der Berg ruft" mein Magnum Opus, so ist "Fühlst du dich?" direkt aus meiner Seele geschnitten.



Fühlst du dich?

Hörst du sie? Ich hör schon. Auf leisen Sohlen,
donnernd die Schritte, völlig unverhohlen
Die Watte an der Sohle kaum angehoben,
Hat mein Herzschlag sich verschoben.
Fühlst du dich? Ich mich nicht.

Näher kommend, sekundenschnell,
Augen zu, denn gleich wird’s hell.
Meine Schreie, stumm, still und grell
die hört niemand, niemand der nicht will.
Fühlst du dich? Ich mich nicht.

Von allem was man zu empfinden kennt,
enthält nur Furcht dieses eine Element,
was die Erfahrung ins Hirn mir brennt
und du mir in die Haut dein Ornament.
Fühlst du dich? Ich mich nicht.

Du bist kein Mensch, nicht mal ein Tier
was wollen tust du nicht von mir.
Du hast kein Bestreben, kein Metier,
kein Argument wegen dem du stündest hier.
Fühlst du dich? Ich mich nicht.

Es ist der Wahnsinn, der dich reitet,
über dessen Kliff man gleitet,
als Tandemflug, an dich gekettet,
mit einer Kugel Blei, dich mich rettet.
Fühlst du dich? Ich mich nicht.

Man stellt sich ab, wie ein Notausknopf
Man stellt sich ab, zuerst den Kopf,
dann den Körper, zusehen wie ich tropf
als Blut von deiner Hand und auf den Boden klopf.
Fühlst du dich? Ich mich nicht.

Kreatur, Abschaum, Missgeburt, mehr bist du nicht,
heute weiß ich das, und schneids in dein Gesicht.
Ich war nur ein Kind, ohne jegliches Gewicht.
Und irgendwann, dann halt ich mein Gericht.
Fühlst du dich? Ich mich nicht.

Denn Karma, du Fotze, ist eine Schlampe
und irgendwann führt sie dich auch zur Rampe
und weist dann nach links zum Bad – danke!
Aus deiner Haut bastel ich eine Lampe.
Fühlst du dich? Ich mich nicht.

Beiseite den Zorn, beiseite den Hass, beiseite die Wut, beiseite das Gas.
Es hilft ja nichts, das muss ich gestehen, selbst würdest du vom Erdenrund gehn,
Ich bin kaputt, zerrüttet schon immer, da hilft dann kein Selbstmitleidsgewimmer.
Und so schluck ich es und ertrage, und stelle mir jeden Tag nur die eine Frage:

Fühlst du dich? Ich tat das nie.
Fühlst du dich? Ich weiß nicht wie.


Der Berg ruft

Gelegentlich dichte ich. Und weil ich dazu neige, Dinge zu verlieren, werde ich in kommenden Tagen/Wochen mal zusammen suchen, was ich bisher so dichtete, und es hier sammeln. 

Ich beginne mit meinem Magnum Opus - Der Berg ruft. 


Hörst du den Berg rufen?
Ich schon, also komm in die Hufen!
Lange war der Weg versperrt,
Nun wird er mit Anwesenheit beehrt.

Weit haben wirs nicht, sollt das nicht locken,
regnen wird's nicht, ist‘s sonnig und trocken.
Gesagt, getan - denn der Berg ruft,
drum wird er heut besucht.

Aufgemacht, die Tür verschlossen,
heute wird nur scharf geschossen.
Den Fuß kaum hinausgesetzt,
haben UV-Strahlen mir die Haut zerfetzt.

"Naja, jetzt ist drauf gepfiffen",
Sag ich und blicke an mir runter
das Hautpapier komplett zerrissen
Und nichts als Kohlen drunter.

Vornehme Blässe? Wen kümmert sowas schon!
Ich werde jetzt ein Südseekannibalensohn.
"Was nicht tötet, härtet ab!", ruf ich triumphierend
Und dem Tod entkam ich knapp, ein Auto fast touchierend.

Woher es kam, das sah ich nicht;
Schmolz grad das Auge aussem Xicht.
Geblendet vom ewigen nuklearen Feuer,
Einem tosenden, brennenden Ungeheuer
Das ein Depp mal "Sol" genannt,
Als Gott verehrt in irgendeinem Land
- aus Sand.

Doch meine Ohren hören und hören gut
Das der Berg mich noch immer rufen tut.
„Nagut“ sag ich und „lass mal stecken!
An der Natur wird man sicher nicht verrecken!“
Und so lass ich meine Erinnerung den Pfad suchen,
denn der verdammte Berg, er hört nicht auf zu rufen.


Und so halte ich ein Zwiegespräch mit mir,
vergleich‘ mit einem Brief, im Kopf, auf Papier.
Oder eine Serie von Briefen
mit Rändern und Serifen,
mit Höflichen „Sies“ und „Ihre“
„S‘ Befinden stets?“ – „Ich friere!“
„Sie frieren hier?“ – „Ja, ists denn wohl Ihr Bier?“

„Ne, das isses wahrlich leider nicht.
Meine Meinung fällt wohl auch nicht ins Gewicht?“

„Das haben Sie allzu gut verstanden, werter Mann!
Ich frag mich ob man ihr Befinden raten kann?“

„Den Versuch kann ich nicht nehmen,
allerdings nicht viel drauf geben,
von Ratekünsten halt ich wenig,
den Künstler allzu überheblich.“

„Es hat ja nichts mit Kunst zu tun,
Sie dreikäsehoher Hurensohn!
Ich bin Sie, im Kopfe drin,
von dem Typ, nichts als Gespinn!“

„Wohl an, wohl wahr, da haben Sies,
meine Antwort war wohl fies,
weil ich die Frage zu bequemlich
und meiner allzu ähnlich,
unnütz fand und redundant.“

Ist das so? Ich frag Sie dann,
wie gut kommen wir voran?
Es sind hundert Meter, vielleicht zehn noch drauf,
dreitausendsiebenhundert plus Stufen folgen noch darauf!
Worauf wollen Sie wohl raus?“ – „Kommen Sie noch nicht drauf?
Ich weiß es wohl, weil Sie es wissen!“ –
Man hat ihm ins Gehirn geschissen!

Der letzte Satz, der kam von anderswo,
wo bitte war ein Kopf ein Klo?
Ein Passant mit entsetzten Blicken,
hör die Augen planlos klicken –
er verstand wohl nicht, das ab und zu,
wenn man glaubt man sei in aller Ruh,
das dies und jene auch mal laut ausspricht,
ich sehe halt auch nicht ohne mein Gesicht.

Langsam gewöhnt sich die geschundene Netzhaut
an die sengenden Todesstrahlen, wer hätt‘s geglaubt.
Nun sehe ich wieder und kann sicher schreiten
und seh den Fuß des Bergs vom Weiten.
Ein Schritt zugelegt, die Ebene durchquert,
der Faulheit Klammer abgewehrt.

Wie die Preußen bei der Erstürmung der Düppler Schanzen,
mit Asthmaspray im Anschlag und vollgepacktem Ranzen
Es wird gelingen, noch nie konnte eine Schlacht jeden Recken
im Verlaufe des Getümmels, durchs Gewimmel zu Grunde strecken.
Und hier bin ich der einzige Soldat, kampfentflammt und voll in Fahrt!

Doch wie zu allen Zeiten, alle deutsche Landser
und damals wie heute, jeder dritte deutsche Panzer
komme ich nicht allzu weit, die Erklärung gleich bereit:
„Das sind technische Probleme,
die es ohne Gott halt schlicht nicht gäbe!
Nichts was man dagegen tun kann,
keine Frau und erst Recht nicht dieser Mann!“
Also plumps ich zu Boden, stoß mir die Hoden,
spring wieder auf, fall‘ in ‚nen Strauch.

Da bleib ich mal liegen für die Minuten
bis mich die Rufe vom Berg wieder rufen.
„Ja doch!“ brüll ich zurück,
„du nervtötentes geologisches Stück!
Ich steh ja auf, ich geh ja schon,
ich klettere weiter auf den felsigen Thron!
Aber ich warne dich, Sohn des Gebirges,
wenn da oben schlecht Wetter herrscht – verbirg es!“


Und so ziehe ich weiter, sehe Ross und Reiter,
die vom Gipfel kommen, sich kalt und beklommen,
sich klammern an Stecken und Stangen,
um den nächsten, sicheren Tritt bangen.
Und ich ihnen entgegen, im frohen Bestreben,
ein Vorbild zu sein in ihrer ermüdenden Pein.
Ein Anblick, ein Auswuchs, von epischer Manneskraft
die mit einem Blick gleich zeigt was ein Mann so schafft
der den Willen hat, und auch den Mut,
festes Schuhwerk – doch leider keinen Hut.

Und der Hut wars, der hätt mich geschützt,
vor dem sengenden Sonnenblendbrandgeschütz.
Und so war es kein Bildnis vom schreitenden General,
der Anblick von mir war im Gegenteil ganz fatal;
die Frauen keuchten, die Pferde scheuten,
Ein Mädchen sucht Schutz, weinend im Arm vom Vater,
sah ich aus wie verkohlter Meteroiteneinschlagskrater:
Alles verkohlt, in Fetzen hängend,
der Augapfel liquid aus der Höhle drängend,
Das Grinsen schief, das Brabbeln leise,
ein strenger Mief, ein Zombie auf Reise!

Der Gipfel naht, ich riech sie schon,
Gipfelluft vom Himmelsthron!
Doch was sehen die entzündeten Augen,
kann mein Verstand denn nichts mehr taugen?
Ein Schelm, wer sich das hat ausgedacht,
ein Schelm, der dabei hat auch noch gelacht.
Dem tapferen Wandersmann ein Bein gestellt,
sich eine Treppe auf der Spitze noch dazu gesellt.
Daran schließt an in voller Pracht – Glas und Stahl, dass es kracht.

Umringt bin ich nur von Forst, wer war das für ein Horst,
der die Aussicht hat da hochverlegt?
„Hat man sich denn nicht genug gequält?
Einhundersechzigstufenund!“
Tu ich meinen Unmut kund.
Auf der Hälfte der Stufen allerdings,
endet abrupt der steinerne Sims,
der mich getragen hat bis hier her.
„Bis jetzt wars noch gar nicht schwer!“

Gitterstufen, ich hör sie rufen,
nichts für meine ollen Kufen.
Es ist die Sache die mich plagt,
das beim Blick nach unten die Schätzung nagt:
„Trägt das wohl, ist das wohl tief?
Ist der Balken vielleicht schief?
Kommt der Wind und trägt mich einfach fort?
Schlag ich auf auf fernem Ort?
Gedärme und Gehirn sind überall,
Feuerwehr, Notarzt, Bullerei?
Oder packt der Irrsinn mich komplett,
und ich schwing mich einfach übers Brett?
Was ist wenn der Adler mich ergreift
und auch noch triumphierend kreischt,
wenn er mich in seinen Horst verschleppt
und seine Jungzucht zum Frühstück weckt?
Ist ein Irrer gar dort oben?
Hat er mich als Opfer aus erkoren?
Wie ein wilder Stier, dem die Eier verbrannt,
kommt er mit Geschrei auf mich zu gerannt?
Ach, ich bin schon oben und keiner ist da,
na das lief ja wunderbar.“


So steh ich da und schau ins Tal – da hör ichs Rufen noch einmal.
„Was denn jetzt zum Teufel, Donnerwetter!
Langsam geht es nicht mehr wirklich besser!
Auf das Gebälk da steig ich bestimmt nicht rauf,
für einen Berg bist du ziemlich komisch drauf.“

Runter komm ich in diesem Sinne auch nicht wieder,
denn da oben brennt die Sonne mal so richtig nieder.
Und während ich so da steh und so staune,
geht meine Farbe langsam so ins Braune.
Dann noch dunkler, dann schon schwarz,
dann fang ich an zu kleben wie Tannenharz.
Langsam lauf ich durch das Gitter,
bin halt eh nur noch wie Glibber.

An diesem Punkt ist das auch schon nicht mehr wichtig,
denn endlich bin ich angekommen, diesmal aber richtig

.



Dienstag, 12. Januar 2021

Statt Clara II

Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Dass ich versucht habe, mich umzubringen? Dass ich Wochen in der Klapse saß? Dass meine Karriere als Journalist von einem chinesischen Fledermausvirus zur Hölle geschickt wurde, und ich jetzt in trauriger Eintönigkeit bald ein Leben als uniformierter Wachmann auf dem Gelände eines namhaften Getränkeherstellers fröhne? 12 Stunden Arbeit am Tag. Die Hälfte meines Lebens während einer irdischen Rotationsperiode.

Dass ich noch immer in Behandlung bin, fruchtlos? Dass ich, praktisch nach Zeitplan, nach wie vor suizidal bin? Dass ich emotional und psychisch mittlerweile so abgestumpft bin, dass mich selbst der Tod meines ungeborenen Kindes kaum noch berührt? Denn ja, auch das ist passiert.

Mein Leben ist eine riesige Reihe von zynischen Witzen auf meine Kosten. Mein bester Freund, er wohnt über mir, und völlig verwahrlost, abhängig und suizidal. Mein Bruder, suizidal, depressiv, drogenabhängig. Der gude Jakob, eingespannt von Beruf, Frau, Kindern, für mich seltener zu sehen und zu sprechen als ein Einhorn.
Ich sitze alleine hier, wie immer. 

Aber von Beginn an. Es war mein Geburtstag, ich war alleine zuhause. Die Krise meiner Ehe auf dem Höhepunkt, die Angetraute nicht mehr willens, dies auch zu bleiben. Du kennst das Thema, dass dort zu diesem Zeitpunkt herrschte. Ich war das ganze Wochenende meines Geburtstages allein. Ganz allein. Und erstmals in meinem Leben, habe ich vollständig den Verstand verloren. Ich schrie, weinte, tobte, den ganzen Tag. Ich wachte heulend auf, und schlief ein mit den Händen in den Haaren verkrallt. Ich schlug gegen Wände, ich trat gegen Türen. Ohrenbetäubend lief "I'm am Henry the Eight I am!" in Dauerschleife, und ich, ich sang offenbar mit. So ganz erinnere ich mich nicht mehr, verschwommen die Bilder, wie ich, mit dem Gesicht an der Wand durch die Wohnung laufe, schreiend.

"ICH BIN HEINRICH DER ACHTE ICH BIN! HEINRICH DER ACHTE ICH BIN, ICH BIN! ICH WAR VERHEIRATET ZU DER WITWE NÄCHST' TÜR, SIE WAR VERHEIRATET SIEBEN ZEITEN ZUFÜR!

UND JEDER EINE WAR EIN HEINRICH, SIE WOLLTE HABEN KEINEN WILHELM, KEINEN SAM!"

Das wurde bemerkt. Jakob wurde gerufen. Jakob kam, da lag die Leine schon über der Duschkabine und war am Wasserhahn festgeknotet. Es wären 10 Minuten gewesen, dann wäre ich tot. 
Stattdessen ließ ich mich einweisen. Es ist halt nicht alles Gold, was glänzt.

Mit meinem eigenen Bettzeug tauchte ich auf, unangekündigt. Das käme nicht oft vor, wurde mir gesagt. Noch nie hätte jemand sein eigenes Kopfkissen mitgenommen. Amüsiert war man. Gut, mit einem Lacher anzufangen.

Was passiert ist, wurde ich gefragt. Ich konnte nur schluchzen. Man unterhält sich, lange. Sehr lange. Die Ärzte müssen feststellen, ob eine Selbstgefährdung vorliegt, sonst muss man nach Hause. Ich musste nicht.
Tavor, eine Nacht auf dem Flur, unter Beobachtung. Irre und Geisteskranke, Alkoholiker und Paranoide, wackeln an dir vorbei, keiner beachtet dich. Seltsam, dass jeder dort ist, weil er irre ist. Irgendwie befreiend, mal IRRE sein zu DÜRFEN, weil man dafür da ist. Aber die Tavor sorgt schon dafür, dass man nicht durchdreht.

An sich war die Klapse eine gute Zeit. Produktive Zeit. Die leider zu schnell endete. Corona kam, und machte mir einen Strich durch meine Planung, noch einen stationären, längeren Aufenthalt in 2020 einzulegen. Vieles kam kurzfristig ins Lot - doch noch mehr hat sich nicht geändert. Ich kämpfe weiter mit mir den immer gleichen Krieg, mit den immer neuen Waffen, auf immer lebensfeindlicheren Schlachtfeldern, mit immer ausgemergelten Truppen, im ewigen Abwehrkampf gegen den glühenden Wahnsinn. Gegen Heinrich, den 8ten, der schreiend seinen Tribut fordert, an jedem Tag.

Mein Job ist vorbei, Corona sei "Dank". Durch die Depressionen war ich allerdings schon lang nicht mehr in der Lage, regelmäßig zu arbeiten. Schulden und Geldprobleme waren die Folge, die Gedanken wurden weggekifft. Nach einem Jahr des NEETens habe ich ein Praktikum bei einem Sicherheitsdienst gemacht. Und mein Gott, ich könnte ewig referieren über die Frage, ob ich damit einen Riesenfehler mache.

Ich spar es mir aber. Ich muss es ja sowieso tun, ich hab keine andere Wahl. Vielleicht ist dies jenes große Damoklesschwert, das über mir schwebt: Ich bin nicht mehr weit davon entfernt, einfach aufzugeben, in mich zusammen zu sagen, nie wieder nachzudenken und einfach ein Drohnenleben zu leben. NPC werden, Nebendarsteller, den Storyark weiterreichen. Einfach nur atmen, gehen, gucken, fressen, scheißen und schlafen. Bis ich tot umfalle, ohne mir Gedanken zu machen, ob ich glücklich bin. Denn mittlerweile wird mir klar, ich werde nicht mehr glücklich.

Mein Kind ist gestorben. Zum Monatswechsel Oktober/November diesen Jahres. Ich wusste nichtmal, dass es da ist. Eileiterschwangerschaft, 7te Woche. Ist geplatzt. Not-OP. Corona, kein Besuch. Ich wusste von nichts, bekam einen Anruf. Meine Frau ist auf der Arbeit mit inneren Blutungen kollabiert. Schwangerschaft festgestellt, Eileiter entfernt. Trauma. Für alle Beteiligten.

Es war der letzte Dominostein in einer Kette aus Scheiße. Er brachte das Fass zum überlaufen. Seit diesem Tag denke ich nicht mehr. Denn ich kanns nicht. Wenn ich es täte, dann würde ich irgendwann begreifen. Ich würde erfassen, verstehen. Ich würde anfangen zu fühlen, wirklich zu fühlen. Den Schmerz, die Trauer. Das unendlich laute Brechen meines Herzens müsste ich hören.

Ich habe geweint deswegen. Ich habe mich scheiße gefühlt, mich besinnungslos gesoffen und gekifft, aber nicht wirklich ~begriffen~, was all das wirklich heißt. Da sind nicht nur DNA, Zellen und rudimentäre Organe gestorben. Es ist ein Teil von mir gestorben, ein Hauch einer Ahnung eines besseren Lebens, eines Lebens mit einem Grund. Einer Aufgabe, einem Ziel, einen Angelpunkt, der nicht so belastet ist, wie meine Ehe. Ein Stück von mir auf Erden, das nicht ich bin. Etwas, das ich lieben könnte, so innig und aufrecht und ohne jeden Vorbehalt, dass ich ein anderer geworden wäre. Etwas, dass meinen Leben endlich einen Zweck gegeben hätte. Ich vermeide das Wort "Sinn" an dieser Stelle bewusst, denn kein Leben hat irgendeinen "Sinn". Aber ich hätte mir einen Zweck geben können.

Stattdessen verbleibe ich hier. Zwecklos, akut mit Tränen in den Augen und einem stockendem Herzen, einem glühenden Magen, doch voller Ignoranz für die wahren Emotionen unter der körperlichen Reaktion.

Ich will nicht mehr. 

I am Henry the Eight, I am!
Henry the Eight I am, I am!
I was married to the widow next door,
She was married seven times before.

And everyone was a Henry
She wouldn't have a Willie or a Sam
I am her eighth old man, I'm Henry

Henry the Eight I am.



Mittwoch, 10. April 2019

Statt Clara I



10.04.2019 – 03:06
Ich weiß nicht mehr wo mir der Kopf steht. Ich habe so viele Szenarien vor Augen – wie ich das Haus niederbrenne, mit allen darin, und mit dem Hund ein Neues Leben irgendwie weit weg beginne. Wie ich mich erhänge. Entweder den Bahndamm runter bis da wo die Apfelbäume stehen und Richtung Fuchsort an einen der Bäume. Oder die Leine um den Wasserhahn in der Dusche und oben rüber. Dicht über dem Boden, langsam zu Tode stranguliert.
Wie ich sie alle töte, wie ich mit Machete, Axt, Pistole und Schrotflinte auf ihre Arbeit stürme. Sie alle töte, sie alle. Ihre Körperteile mit Hiebwaffen abtrennen. Das dumpfe, satte „Klack“ der Machete, die in ihren Schädel eindringt. Ihre Leichen verbrennen, und ihren Geruch für immer in meiner Nase einbrennen. Wie ich danach nach B. fahre, Marschmusik hörend, auf meinem Rachefeldzug gen Freiheit. Ihre Schule stürme, alle niederschieße. Jeden. Weiter nach S., diese Hure ausfindig machen und bei lebendigem Leibe verbrennen. Zurück in die Heimat, denn sie wissen, dass ich komme. Bei der Jagd auf meine Eltern sterben, erschossen werden und soviele mitnehmen wie es geht. Das endgültige, letzte Aufbäumen einer Seele, die genug hat von diesem Bullshit.
In ihre feiste Fressen schießen, ihr Blut an meinen Händen. Es genüsslich ablecken und die Genugtuung fühlen, einmal, einmal im Leben das getan zu haben, was man in der Kindheit immer geträumt hat. Das Leben aus den Augen schwinden zu sehen, von jedem dreckigen Wichser der mir je Schmerz bereitet hat. Sie alle auslöschen, einen nach den anderen. Und mit jedem Toten glücklicher werden. Immer wieder auf ihre toten Körper einstechen, damit es nichts mehr gibt, was man beerdigen könnte.
Ihre Namen von immer von dieser Erde tilgen. Es könnte alles so einfach sein, so simpel. Alle ausradieren, selbst draufgehen, was kümmert einen, was danach kommt. Einmal im Leben einen Namen machen. Allen zeigen, dass sie es zu weit getrieben haben.

Ich hasse dieses Leben. Das mir mein Leben lang immer nur Beine gestellt hat, Schmerz und Kummer bereitet, ein ums andere Mal enttäuscht. Das mich von Beginn an immer nur gequält hat, das mich immer nur verletzt hat. Das fast nie schön war, immer nur eine Belastungsprobe, ein Krieg mit mir, der Welt, den Umständen, den Menschen um mich herum. Ich will nichts als Liebe, bedingungslose Liebe. Liebe, die nicht an irgendwelche Voraussetzungen geknüpft ist. Das, was meine Eltern mir hätten geben müssen, das will ich.
Mein einziger, mir ewig bleibender Triumph ist, dass ich sie überleben werde. Das ich ihre Grabsteine mit einem Hammer zerschlagen kann, auf ihre Gräber pissen und ihre Asche im Klo runterspülen. Das ich in ihre toten Gesichter lachen kann: Ihr seid tot und ich lebe noch. Ihr verrottet in der Erde und habt alles dafür getan, dass ich es auch tue. Ihr habt versagt, wie ihr immer schon versagt habt. Niederträchtiges Pack, nicht wert, den Dreck unter meinen Absätzen zu lecken. Verrotten sollen sie, vergessen werden.

Ich will nur Frieden. Keine Psychoscheiße mehr, keine Entscheidungen mehr. Ich will Frieden, tun können was ich will und dafür geliebt werden. Nicht abgelehnt, keinen Ärger auf mich ziehen.

Ich dachte immer mein größtes Bedürfnis ist das nach Liebe. Doch vielleicht ist es auch das Bedürfnis nach freier Entfaltung, endlich mein Leben selbst zu bestimmen. Der Grund, warum ich so viele Dinge kategorisch ablehne, die mir aufgezwungen wurden, seit frühster Kindheit an. Ich will niemals mehr das Gefühl haben, durch andere meine Entscheidungen aufgezwungen bekommen zu haben.

Ich will ihre Gesichter mit meiner bloßen Faust zertrümmern. Ihr Blut schmecken und das Eisen in der Luft riechen.

Ich bin so voller Hass, doch ausnahmsweise – es mag am Alkohol liegen – nicht auf mich. Sondern auf die Menschen, die mich so verkorkst haben, die Menschen, die es nicht erkannt haben, die Menschen, die mir nicht geholfen haben. Die, die Schuld daran sind, dass ich diese ganze Scheiße mit mir selbst überhaupt ausmachen muss – dass ich an mir arbeiten muss, dass ich ständig wachsam sein muss. Ich bin voller Wut, Wut auf mich, weil ich so lange brauche um die von meinen hassenden Eltern eingeimpften Gedanken zu erkennen.
Ich weiß, dass alles weniger schlimm wäre, das alles besser wäre, würde es M. besser gehen. Wenn ich wüsste, alles kommt in Ordnung. Das wird es nicht, nicht so bald. Und so lange tobt der Sturm in mir, mit Wolken aus kohlrabenschwarzen Blut, Blitzen aus Feuer und nichts als Zerstörung bringend.
Und weil ich mich töten müsste, würde, sollte, wenn ich die vollständige Schuld mir auf die Schultern lege, zumindest in meiner augenblicklichen Situation, konzentriere ich meinen Hass auf all die anderen.

Warum konnten sie sich nicht alle raushalten? Aus unserem Leben? Alles war gut, wir hatten unsere Probleme, aber das hätten wir geschafft. Warum muss dieser Hurensohn auftauchen? Warum muss sie gerade dann, wenn ich abkacke, über sich hinauswachsen? Warum muss sie mir immer das Gefühl geben, ungewollt, dass ich hinten anstehe? Das ich ihr nicht mehr geben kann was sie braucht? Alle Zeichen waren eindeutig.
Das einzige, was hilft ist Vertrauen. Und ich weiß nicht, wo ich das hernehmen soll, dass Gefäß, wo das drin ist, ist ohnehin leer, schon lange, schon immer.

Warum mussten unsere Ansprüche wachsen? Hätten wir nicht anders glücklich werden können? Warum musste alles so aus den Fugen geraten, warum nur?

Ich verliere langsam den Verstand. Das Warten macht mich krank, dass warten drauf, dass etwas passiert, von dem man nicht weiß wann, ob und wie es passiert. Ob es überhaupt eine Rettung gibt, wenn M. zu sich kommt, WENN sie zu sich kommt. Oder ob man sie so zerstört hat, dass sie sich ewig nicht erholt.
Sollte ich mich einfach umbringen? Ich habe nichts mehr beizutragen in dieser Welt, ich bin ein einziger Fehler und zerstöre das Einzige, dass mir überhaupt je wichtig war. Die Einzige, der ich je wichtig war. Ich bringe nur Chaos in diese Welt und in mir herrscht nur Dunkelheit. Ich hasse das Leben, dieses Leben in diesem Augenblick, mit jeder Faser meines Körpers mehr und mehr.

Wenn dies kein Ende findet, dann werde ich ihm ein Ende setzen. Entweder werde ich ein Held oder ich laufe eben Amok. Dann töte ich jeden, jeden den ich irgendwie kriegen kann.

HASS. WUT. ÄRGER. GRAM. TRAUER. ZORN. VERZWEIFLUNG. AGONIE. NEID. SCHMERZ.

Dicht und betrunken. Zu lange wach. Extrem müde. Ich sollte schlafen, aber ich will mich zerstören. Kaputt machen, zermürben, aufbrauchen, bis ich tot umkippe. Nichts mehr Essen, Trinken.

Hungern tu ich im Moment. Weil mir Gedanke gefällt, dass ich mich selbst verdaue. Das waren mal deine Worte.





Mittwoch, 27. Juli 2016

Loslassen

Vor einer Weile habe ich einen Fehler gemacht. Einen furchtbaren Fehler, der die wichtigste Person in meinem Leben sehr verletzt hat.
Ich bin fremdgegangen. Wir hatten eine Bekannte hier, die ich auch über diesen Blog kennenlernte, vor vielen Jahren.
Ich hatte keinen richtigen Sex mit ihr. Wir hatten MDMA genommen, und am Morgen danach wild rumgeknutscht, meine Hand unter ihrem Top und zwischenzeitlich in ihrer Hose.
Wir brauchen nicht drüber reden, dass das ein unheimlicher Fehler von mir war. Ich schäme mich dafür, aber ich kann nichts anders tun, als weiter zu machen und nach vorne zu blicken. Meine Frau will natürlich nichts mehr von dieser Person wissen.
Nennen wir sie C.
C. und ich hatten schon öfter Sex. Im Jahr 2012, im Oktober lernten wir uns kennen. Damals war ich frisch getrennt. wir schrieben fast ein ´Jahr, bis sie mich besuchen kam. Ich war damals was Sexualität betrifft eigentlich ziemlich gehemmt. In meiner vorherigen Beziehung war irgendwann alles Routine. Aber nicht so bei C.
Bei C. fühlte ich zum ersten Mal in meinem Leben Leidenschaft. Und Männlichkeit. Das ist ein wichtiger Punkt. C. stand auf härteren Sex, was ich vorher nie ausprobierte. Ich war der Meinung, einfach weil ich es nicht kannte, dass mir sowas nicht gefallen würde, ich war der Meinung nur Blümchensex mit Schmetterlingen und Liebe ist guter Sex, alles andere amoralisch.
C. zeigte mir das Gegenteil. Sie war nicht lange da, aber danach war ich wie paralysiert. Das fiel gerade in die Zeit, als ich Drogen kennenlernte. Und mich. Ich hatte gerade eine neue Persönlichkeit bekommen. Und nun auch eine neue Sexualität. Überhaupt eine Sexuelle Identität.
Noch dazu ist C. selbst atemberaubend. Kaum eine andere Frau, außer meiner Ehefrau, hat mich jemals so angesprochen wie sie. Mit ihr konnte ich alles ausprobieren, alles machen.
Ich fühlte mich beim Sex mit ihr immer lebendig. Und noch dazu wurde sie einer meiner besten Freunde. Und niemals, auch nur eine Sekunde, zweifelte ich an dem Fakt, dass ich niemals eine emotionale Bindung zu diesem Mädchen entwickeln könnte, die den Namen Liebe verdient.
Nicht das ich sie nicht liebe. Wie eben eine wunderbare Freundin.
Nur das was ich für meine Frau empfinde, könnte ich nie für sie empfinden. Umso schöner war es mit ihr zu experimentieren. Und einen Raum zu haben, in dem ich auch ein wild die Zähne fletschendes Tier sein kann. Oder unterwürfig und nur darauf wartend, dominiert zu werden. Sie war die absolute Erfüllung meiner sexuellen Wünsche.
Es war etwas wunderbares. Etwas wunderbares, für das ich mich jetzt schuldig fühle. So schuldig das ich kaum noch an C. denken kann, ohne das es mich zerfrisst. Mehr noch aber die Tatsache das ich diese Erfüllung in dieser Form nie mehr erleben werde.
Meine Frau war noch Jungfrau, als ich mit ihr zusammenkam. Sie fängt ohnehin erst an, ihre Sexualität zu entwickeln, aber halt in ihrem Tempo. Und nie würde ich sie drängen. Sie hat das Recht, sich alle Zeit der Welt zu nehmen, bis sie herausgefunden hat, was und wie und wie oft und wo. Aber oft korrelieren unsere Vorstellungen von Sexualität nicht. Und die Erfüllung einiger meiner Bedürfnisse sind eben ein Problem,
Ich werde lange darauf warten müssen, bis meine Frau das Selbstbewusstsein hat, dominant zu sein. Wenn es überhaupt jemals eintritt. Oralsex, sowohl aktiv als auch passiv. Und vor allem das gefühl begehrt zu werden. Es sind Dinge die mir fehlen. Und, was auch für meine Frau bislang schwer zu verstehen war, fürchte ich, dass diese Dinge fehlen hat keine Auswirkungen auf die Tiefe meiner Liebe zu ihr. Keine Auswirkungen auf meine Gefühle. Ich will mit dieser Person mein Leben verbringen. Und meine Kinder groß ziehen. Und auch mit dieser Person Sex haben, denn es ist nicht so, dass der Sex mit ihr nicht erfüllend und vorallem schön wäre - es ist eher so, dass das eben nur ein Aspekt ist, der meine Sexualität ausmacht.
Und mittlerweile bin ich ob meiner Bedürfnisse, meiner brodelnden Sexualität und den vorangegangen Ereignissen mit C. so verunsichert, so beschämt und traurig, dass ich mich am liebsten chemisch kastrieren lassen wollen würde. Und überhaupt keine Triebe mehr. Und keine Sexualität. Ich nehme es einfach immer mehr als Last wahr. Als eine Bürde, dass ich, wenn meine Frau eine längere Pause von sexuellen Bedürfnissen aller Art macht, was häufiger vorkommt (auch hier nicht den Hauch eines Vorwurfs, Sie reagiert sowohl psychisch und körperlich auf alle Arten von Stress, hat vielleicht auch Asperger oder leichten Autismus, Anzeichen dafür gibt es, und hat ohnehin eine komplizierte Sexualität. Ich verstehe sie wirklich und ich will auch überhaupt nicht das sie irgendwas tut worauf sie eigentlich keine Lust hat, denn so gewinnt niemand), ich irgendwann hormonell so unterzuckert bin, dass ich jede Bewegung von ihr als Andeutung verstehe, nicht mehr mit ihr kuscheln kann, ohne das ich ihr am liebsten die Kleidung vom Leib reißen will, und mich für jeden dieser Gedanken schäme und schuldig fühle. Und so steh ich morgens extra eine halbe Stunde auf bevor sie von der Arbeit kommt, um zu masturbieren um wenigstens mit ihr knuddeln zu können wenn sie heim kommt. Und oft sitze ich danach ernüchtert rum, sehe groteske nackte Körper auf dem Bildschirm und denke "Das ist das alles nicht wert.".
Und das ist es auch nicht. Aber es ist nunmal mein Körper und daran kann ich nun auch nichts ändern. Ich ziehe viel meines Selbstwertgefühls aus Sex. Ich bekomme einen Egoschub nachdem ich Sex hatte, aber das Gegenteil ist bei langer Flaute der Fall.
Und das nervt mich. Ich hasse mich so sehr dafür. Und vor allem meinen Körper. Ich kann es einfach nicht mehr ertragen, diese ständige Spannung, die sich nie abbaut, die Schuld, wegen dem was mit C. passiert ist, das Wissen, das sich nichts von alledem ändern wird auf absehbare Zeit und die Angst, mit der einzigen Person die was daran ändern kann zu reden, weil sie sofort befürchtet das unsere Beziehung daran zerbricht und sich unangebrachte Vorwürfe macht. Mit dem Ergebnis, das ein Gespräch darüber fruchtlos endet.

Und dabei war es alles eigentlich etwas wunderschönes. Liebe in der einen Hand, einen Menschen, auf den man immer zählen kann, für den man töten würde und sterben und in der anderen Hand sexuelle Entfaltung und Selbstbestimmung. Und das beides irgendwann so kollidieren würde, und das eine das andere so in den Dreck zieht, dass ich manchmal nachts nicht schlafen kann, das hab ich niemals gewollt.
Es schmerzt einfach nur. Es schmerzt diesen wunderbaren Menschen verloren zu haben, es schmerzt, diesen wunderbaren Menschen verletzt zu haben und es schmerzt, beides nicht ändern zu können.
So viele Tage, an denen ich mir wünsche asexuell zu sein.
Ich bin verzweifelt. Denn ich weiß nicht was ich tun soll. Jeder Schritt ist ein Schritt auf eine Mine, jeder Gang ist ein Gang zum Galgen. Ich kann meine Ehe zerstören, wenn ich drüber rede, weil meine Frau es befürchtet und man kennt sich selbst erfüllende Prophezeiungen. Mit C. darf ich nicht mal mehr sprechen und sollte ich auch nicht, wenn ich nicht gleich wieder Schuldgefühle haben will, denn jeder Gedanke an sie, egal in welcher Situation, hat diesen anrüchigen Geruch. Einfach weil die sexuelle Spannung meinerseits immer wahrgenommen wurde. Ich habe mir die Erinnerung an 4 Jahre Freundschaft zerstört. Ich habe meine Ehe fast zerstört. Ich habe meine Sexualität zerstört.
Ich will da wieder raus und ich weiß nicht wie. Ich will einfach wieder ohne ´Schuld an C. denken können, denn das, was da passiert ist war für sich genommen wunderbar und ein wichtiger Meilenstein in meiner Beziehung. Und so vieles hat es beeinflusst. Ich will wieder meiner Frau in die Augen gucken können, ohne fast Tränen in die Augen zu bekommen weil ich sie so begehre. Und dann wirklich in Tränen auszubrechen weil ich dieses Gefühl so selten selbst fühle. Und die Person, bei der ich dieses Gefühl immer hatte, war C.
Es ist einfach so verfahren. Ich weiß einfach nicht was ich noch tun soll.
Ich muss loslassen. Einfach loslassen und alles gehen lassen. Die Schuld gehen lassen. C. gehen lassen. Aber dann müsste ich auch einen Teil meiner Erinnerungen, einen Teil meiner Entwicklung gehen lassen. Und dann sind noch lange nicht meine Bedürfnisse gestillt.
Alles was ich will ist Frieden. Ruhe. Oder Erfüllung. Und beides ist einfach nicht drin. Ich muss weiter diese Tortur durchmachen und das Beste draus ziehen.
In der Hoffnung, dass irgendwann alles besser wird.

Manchmal will ich einfach losgehen. Immer geradeaus. Egal wohin. Ich will gar nicht ankommen. Ich will nirgends sein. Berge sehen. Wasser. Wälder, Steppen und Sümpfe. Und nie ein Wort sagen. Bis es endlich leise ist in meinem Kopf. Weit weg von allem. Mit mir alleine. Und mich endlich richtig kennen lernen. Und wissen wer ich bin. So vieles passiert was ich gar nicht verarbeiten kann. Ich will jeden Tag nur das der Tag vorbei ist, aber auch, dass es nicht morgen wird. Ich hänge fest, ohne Richtung und ohne Ziel, wie eine Gratwanderung zwischen Trance und Realität. Und fernab all der Dinge, die im Moment für mich real sind, würde ich gerne einfach sitzen. Und endlich wieder das Leben in den Dingen um mich herum fühlen. Die warme Sonne auf der Haut. Und Wind spüren. Und außer mir niemand. Ich verliere immer mehr die Haftung zu mir. Ich drehe mich um mich selbst auf der Suche nach einem Ausweg aus dem Chaos in mir, doch der Weg ist nicht innen. Der Weg ist draußen und ich muss ihn physisch gehen.
Die meisten Tage geht es mir ja sogar gut. Aber die unbestimmte Angst in mir, genau so werden wie ich es nie sein wollte. Das es jetzt vorbei ist mit den goldenen Zeiten. Das ich nichts mehr ändern kann, als wäre die Zeit abgelaufen und ich bin so wie ich bin. Als könnte ich nicht aus mir selbst heraus. Ich will gerne anders sein. In so vielen Punkten, auch abseits meiner Sexualität und dessen, was dort oben noch steht. 
Ich habe soviele, emanzipierende Schritte getan in letzter Zeit. Meinem Vater gesagt, dass ich ihn nie wieder sehen will. Nach 22 Jahren. Und noch immer weiß ich nicht, ob ich mir trauen kann, dass das eine gute Entscheidung war. Und klar sagt mit mein Verstand, dass es das war. Aber manchmal habe ich ein Bauchgefühl und das würde ich gerne erforschen, aber ich kann das hier nicht. Ich kann nicht in diesem Raum sitzen, in dem schon so viele Emotionen zu all den Themen in mir gefühlt wurden und so viele Wörter gesagt. Ich brauche was neutrales um wieder zu mir zu finden. Um überhaupt zu wissen wer ich bin. Wohin ich will. Was mich ausmacht. Ich bin so verwirrt. Weil alles in mir in den letzten Jahren nach und nach auf den Kopf gestellt wurde. Und der Zeil in mir, der noch so ist wie ich im Winter 2013 weiß, dass das gut ist. Und eine Chance die ich nutzen muss. Eine Chance, doch noch zu dem zu werden der ich will. 
Ich fühle mich so unendlich rastlos. So beklemmend im Magen. So bedrückend im Herz. Und ich weiß einfach nicht wohin damit. Wohin mit all dem. Ich will Hilfe, dass irgendjemand kommt und mich in den Arm nimmt. Mir sagt, ich brauch mich nicht schuldig fühlen. Jemand der mir sagt, dass ich nicht verrückt bin und das alles nur aus meiner Sicht Sinn macht und ich nicht einfach ein hoffnungsloser Psychopath bin, der egozentrisch und manipulativ versucht, sich und andere zu verarschen und ein völlig kaputtes Bild von dem hat, was um ihn herum passiert. Ich will das dieser jemand mit sagt, dass man alles schafft. Und für alles einen Weg findet. Ich will das mich zumindest irgendwer versteht. Ich will das ich nicht mehr das Gefühl habe, ich muss das alleine mit mir rumtragen. Ich will nicht das Gefühl haben, den Menschen um mich herum eine Last zu sein. Und mich versteht. Der mir sagt, dass ich keine Angst haben muss wenn ich irgendwem all das erzähle, dass alles kaputt geht. Und ich ganz alleine bin. Wegen Dingen, die mich mich selbst nicht leiden lassen. Die dafür sorgen das ich, wenn ich in den Spiegel schaue, nur noch ein hässliches Gesicht zu einem noch hässlicheren Charakter sehe. 
Ich will doch nur das sich dieser Druck löst. Bevor er mich zerdrückt. 

Samstag, 14. Mai 2016

Weißes Rauschen

Ich bin ein Mensch mit reichlich Fehlern, das habe ich nie bestritten. Ich habe sehr viele Sachen falsch gemacht in meinem Leben, und vor allem habe ich einige ganz gewaltige Risse in der Schüssel.
Das ist ernster gemeint als es klingt. Ich bin in mancher Beziehung wirklich krank, psychisch. Ich weiß nicht, inwiefern, sicher könnte man das diagnostizieren, aber ich ich weiß nicht ob da ein Ödipuskomplex oder Borderlinesyndrom bei raus kommt, oder wieder etwas ganz anderes. ich traue der Psychologie ohnehin nicht. Die wahren Mechanismen kann man nur selbst wissen und grundsätzlich ist jede Depression auch unterschiedlich. Psychologie ist immer nur "das Problem eingrenzen" und nie das Problem beheben. 
Außerdem bin ich es Leid, Dingen Namen geben zu müssen. Ich bin an einem Punkt der Selbstakzeptanz, aber vielleicht auch Gleichgültigkeit angelangt, die es mir erlaubt, mir absolut null Gedanken zu machen über meine Emotionen. Ich nehme sie einfach hin und akzeptiere sie als Teil von mir. Wenn mich etwas verletzt oder traurig macht, dann wehre ich mich nicht gegen wie auch immer geartete, darin begründete, schlechte Laune. Es ist Ausdruck meiner Persönlichkeit das mir das wehtut und ich wehre mich nicht gegen mich selbst. Ich versuche die Ursachen ausfindig zu machen, aber selbst das gelingt nicht immer.
So auch zu diesem Zeitpunkt. Meine Liebe ist weit von mir entfernt, und je größerer der physische Abstand zwischen uns desto schlechter geht es mir. Und es geht mir wirklich, wirklich schlecht. 
Es ist für mich selbst erschreckend, wie sehr ich mich gehen lasse, aber ich hab auch nicht die Kraft mich dagegen zu wehren. Es bleibt also nur zu hoffen, dass sie schnell wiederkehrt.
Jetzt werde ich mich zur Nacht betten, ich arbeite derzeit als Putzkraft, und das von Montag bis Samstags. Ich stehe um halb 5 auf, was anstrengend ist, aber es ist ein gutes Gefühl, wenn man weiß, man kann sich nicht mehr ganz so viel vorwerfen lassen.